Was ist der Anti-Bias-Ansatz?
Was bedeutet der Anti-Bias-Ansatz in der Elementarpädagogik?
Der Anti-Bias-Ansatz wurde in den 1980er Jahren von einer Gruppe von Kleinkindpädagog:innen unter der Leitung von Louise Derman-Sparks in den USA entwickelt. Ende der 1990er Jahre kam eine Gruppe Berliner Pädagog:innen und Erzieher:innen durch einen Vortrag von Derman-Sparks mit dem Ansatz in Berührung und machte den Anti-Bias-Ansatz in Kombination mit dem Situationsansatz und der Pädagogik der wechselseitigen Anerkennung zur Grundlage ihres Projekts "Kinderwelten – vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung". Die unter diesem Zeichen umgesetzten Einzelprojekte führten 2011 zur Gründung der "Fachstelle Kinderwelten für Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung".
Zwei Grundannahmen
- die Existenz von gesellschaftlichen und institutionalisierten Strukturen, die nach diskriminierenden Mechanismen funktionieren und aufrechterhalten werden1(vgl. Gramelt 2010: 102)
- dass bereits Kinder im Vorschulalter Unterschiede wahrnehmen (z. B. in Bezug auf Geschlecht, Gender, Ethnizität, körperliche Beeinträchtigung, familiäre Situation), daraus Schlüsse ziehen und diese in ausgrenzendes und diskriminierendes Verhalten umsetzen2(vgl. ebd.: 102-103; 105)
Ziele
Die vier daraus gefolgerten Ziele sind nach Derman-Sparks, die Kinder zu befähigen:
- ein positives Selbstbild und eine selbstbewusste Identität (Ich-Identität und Gruppenidentität) zu entwickeln
- eine harmonische, empathische und faire Interaktion mit Diversität/Vielfalt zu entwickeln
- kritisches Denken im Hinblick auf Ungerechtigkeiten zu entwickeln
- die erforderlichen Fähigkeiten zu entwickeln, in Fällen von Ungerechtigkeiten für sich selbst und für andere einzutreten
Was heißt das praktisch?
Im Projekt "Kinderwelten" werden diese Ziele3(vgl. Wagner 2006: 19) wie folgt übersetzt:
- Ziel: Jedes Kind muss Anerkennung und Wertschätzung finden, als Individuum und als Mitglied einer bestimmten sozialen Gruppe. Dazu gehören Selbstvertrauen und Wissen um seinen eigenen Hintergrund
- Ziel: Auf dieser Basis muss Kindern ermöglicht werden, Erfahrungen mit Menschen zu machen, die anders aussehen und sich anders verhalten als sie selbst, sodass die Kinder sich mit ihnen wohlfühlen und Empathie entwickeln können
- Ziel: Das kritische Denken von Kindern über Vorurteile, Einseitigkeiten und Diskriminierung anzuregen heißt auch, mit ihnen eine Sprache zu entwickeln, um sich darüber verständigen zu können, was fair und was unfair ist
- Ziel: Von da aus können Kinder ermutigt werden, sich aktiv und gemeinsam mit anderen gegen einseitige oder diskriminierende Verhaltensweisen zur Wehr zu setzen, die gegen sie selbst oder gegen andere gerichtet sind
Für die Umsetzung dieser Leitziele sind in der Einrichtung Raum, Material und Kommunikation (Geschichten, Lieder) so zu gestalten, dass sie:
- zum einen frei sind von Stereotypisierungen und einseitigen Darstellungen
- zum anderen Vielfalt sichtbar und erfahrbar machen, sodass alle Kinder Anknüpfungs- und damit Identifikationsmöglichkeiten vorfinden
- aber auch Elemente von Vielfalt repräsentieren, die in der jeweiligen Gruppe nicht vorkommen4(vgl. Gramelt 2010: 109-113)
Eine besondere Kommunikationsmethode stellt die Arbeit mit Persona Dolls dar, die hier vorgestellt werden.
Zum Weiterlesen
- Bundesverband für Kindertagespflege e. V. (2024): "Ich gehöre hier hin, so wie ich bin" – Eine Broschüre für Fachberater*innen zur Stärkung von Vielfalt und demokratischen Orientierungen in der Kindertagespflege. Link zur Publikation (letzter Aufruf 29.10.2025)
- Fachstelle Kinderwelten: Wenn Diskriminierung nicht in den Kummerkasten passt. Eine Arbeitshilfe zur Einführung von diskriminierungssensiblen Beschwerdeverfahren in der Kita. Link zur Publikation (letzter Aufruf 29.10.2025)
- Fachstelle Kinderwelten (2018): Kidspower. Das vielfältige Ausmalbuch von KiDs.
Link zur Publikation (letzter Aufruf 29.10.2025) - ReachOut Berlin (2015): Grundlagen für eine diskriminierungsfreie Pädagogik im Kindergarten. Link zur Publikation (letzter Aufruf 29.10.2025)
- Vielfalt Mediathek: Kurz erklärt. Adultismus. Link (letzter Aufruf 29.10.2025)
Quellen
Gramelt, Katja (2010): Der Anti-Bias-Ansatz. Zu Konzept und Praxis einer Pädagogik für den Umgang mit (kultureller) Vielfalt. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Wagner, Petra/Hahn, Stefani/Enßlin, Enßlin (Hrsg.) (2006): Macker, Zicke, Trampeltier… Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung in Kindertageseinrichtungen. Handbuch für die Fortbildung, 1. Aufl., Verlag das Netz.