Peer Education
Was heißt Peer Education?
Peer Education heißt so viel wie „Bildung unter Gleichen“.
Das Wort Peer kommt aus dem Englischen und bedeutet Gleichgestellte oder Gleichaltrige. Eine Peergroup ist eine soziale Bezugsgruppe, deren Mitglieder ähnliche Erfahrungen miteinander teilen oder vor ähnlichen Herausforderungen stehen. Oft werden Peergroups vor allem als Gruppen von Gleichaltrigen verstanden. Wichtiger ist aber, dass die Personen in der Peergroup einander gleichgestellt sind und sich gegenseitig beeinflussen 1(vgl. Nörber 2013: S. 339).
Woher kommt Peer Education?
Das gemeinsame Lernen unter Gleichen allgemein kann zeitlich und örtlich nicht eingegrenzt werden. Als gezielte pädagogische Methode entstand es seit Mitte der 1970er Jahre in den USA und Großbritannien in den Bereichen Gesundheits- und Sexualerziehung sowie in der Drogenprävention 2(vgl. Heyer 2010: S. 407). Heute wird Peer Education zu ganz unterschiedlichen Themen mit verschiedenen Gruppen, auch in verschiedenen Altersgruppen genutzt, zum Beispiel in der Schule, der außerschulischen Bildung, Mentoring Programmen oder Beratungsangeboten.
Wie geht Peer Education?
Peers stehen vor ähnlichen Herausforderungen, bewegen sich in ähnlichen Lebenswelten und sind in einem ähnlichen Alter. Durch diese Ähnlichkeiten können sich Peers besonders gut gegenseitig unterstützen, sie geben Orientierung und können Vergleichspunkte für die Selbsteinschätzung sein. Sie lernen also im täglichen Leben voneinander 3(vgl. Nörber 2013: S. 340f.).
Dieses Phänomen, dass Peers besonders gut voneinander lernen können, nutzt das Konzept der Peer Education.
Dazu werden die Peer-Trainer:innen von Anfang an in das Projekt eingebunden. Sie sind in diesem Fall die Expert:innen, die anderen Peers Wissen und Kompetenzen vermitteln. Zum Beispiel führen Jugendliche andere Jugendgruppen durch eine Ausstellung, Junge Frauen führen Empowerment Workshops für Mädchen durch oder junge Menschen mit Fluchterfahrung bieten Seminare zu politischen Themen für andere junge Geflüchtete an. Das Expert:innen-Wissen bringen die Peer-Trainer:innen entweder mit oder sie erlernen es im Rahmen des Projekts. Neben Fachwissen über das Projektthema sollten den Trainer:innen dabei auch Methoden zur Wissensvermittlung, zum Umgang mit Konflikten sowie eine diskriminierungssensible Haltung vermittelt werden.
Von einem Peer Education Projekt können auf diese Weise viele Seiten profitieren. Einerseits profitieren die Lernenden, die mit den Peer-Trainer:innen Ansprechpartner:innen auf Augenhöhe treffen. Andererseits profitieren insbesondere die Trainer:innen selbst. Sie arbeiten sich intensiv in ein Thema ein, erwerben neue Kompetenzen und stärken ihr Selbstbewusstsein. Die durchführende Organisation erweitert ihre Perspektive durch die der Peer-Trainer:innen und schafft Multiplikator:innen für ihren Themenbereich.
Was sind mögliche Fallstricke oder Kritik?
Voraussetzung für die Methode ist ein partizipativer Ansatz. Das heißt Mitglieder der Peergroups sind in der Planung und der Durchführung beteiligt und dürfen mitentscheiden. Dafür ist ein transparenter Umgang miteinander wichtig, in dem klar ist, wer für was die Verantwortung trägt und wer an welcher Stelle entscheiden darf.
Außerdem ist es wichtig, die Peer-Trainer:innen wertzuschätzen und zu begleiten. Schließlich ist ein Peer Education Projekt auf die Freiwilligkeit der Teilnehmenden angewiesen. Diese Merkmale fordern von den Fachkräften ein großes Vertrauen in die Trainer:innen und eine Offenheit für neue Herangehensweisen 4(Mehr zu den Voraussetzungen in: Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.: Lebensweltnah & partizipativ).
Zum Weiterlesen
- Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten e.V.: Auf Augenhöhe. Peer Education in der politischen Jugendbildung (letzter Aufruf: 01.02.2022)
- Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE)/Akademie für Sozialpädagogik und Sozialarbeit e.V.: Leitfaden Jugendbeteiligung in Kommunen. Grundlagen für den Aufbau von Jugendforen für Demokratie (letzter Aufruf: 01.02.2022)
- Bundesausschuss Politische Bildung: Junge Geflüchtete als politische Bildner*innen. Bausteine für Qualifizierungsmaßnahmen (letzter Aufruf: 01.02.2022)
- Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.: Lebensweltnah & partizipativ. Mit Peer Education gesellschaftliche Vielfalt und Demokratie fördern (letzter Aufruf: 01.02.2022)
- LAG Mobile Jugendarbeit/Streetwork Baden-Württemberg e.V./Jugendstiftung Baden-Württemberg: Da.Gegen.Rede. Abschlussbroschüre. Ein Modellprojekt zur Stärkung im Umgang mit Hass im Netz (letzter Aufruf: 01.02.2022)
- Schwarzkopf-Stiftung Junges Europa: Europa verstehen. Handlungsansätze für eine diversitätsorientierte Peer-Bildung (letzter Aufruf: 01.02.2022)
- Ufuq.de – Jugendkulturen, Islam & politische Bildung: „Wie wollen wir leben?“ Methoden für die pädagogische Arbeit zu Islam, Antimuslimischem Rassismus und Islamismus (letzter Aufruf: 01.02.2022)
Quellen
Heyer, Robert (2010): Peer-Education – Ziele, Möglichkeiten und Grenzen. In: Harring, Marius/Böhm-Kasper, Oliver/Rohlfs, Carsten/Palentien, Christian (Hg.): Freundschaften, Cliquen und Jugendkulturen. Peers als Bildungs- und Sozialisationsinstanzen. Wiesbaden, S. 407-421.
Nörber, Martin (2013): Peer Education in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit. In: Deinet, Ulrich/Sturzenhecker, Benedikt (Hg.): Handbuch Offene Kinder- und Jugendarbeit. Wiesbaden, S. 339-346.