Gemeinschaftsunterkunft trifft Gemeinde
Stärkung demokratischer Strukturen im Umfeld von Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete
Die Anzahl der Personen, die in Deutschland Schutz suchen, nimmt seit 2012 stark zu. Das stellt die aufnehmenden Kommunen vor Herausforderungen in Bezug auf eine menschenwürdige und sichere Unterbringung. Bürger_innen im Umfeld von Gemeinschaftsunterkünften sind oftmals erstmalig mit der Ansiedlung von Geflüchteten in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft konfrontiert. In der Reaktion auf diese neue Situation finden sich, neben spontaner Hilfsbereitschaft und Solidarität, häufig Unsicherheit und auch Ängste wieder. Im Zusammenhang mit der starken Belegung von bestehenden Unterkünften bzw. der Errichtung von neuen Gemeinschaftsunterkünften entsteht vielfach eine ablehnende Stimmung und Verstärkung von fremdenfeindlichen Vorurteilen innerhalb der Bevölkerung der jeweiligen Orte.
An diese Stimmungslage und Konfliktgemenge knüpfen Organisationen der Extremen Rechten an, um ihre politischen und weltanschaulichen Positionen zu verbreiten, rassistische Hetze zu betreiben und Mitglieder zu gewinnen. Diese Mechanismen der Stimmungsmache und längerfristigen Meinungsbildung durch extrem rechte Kräfte entgegenzutreten, ist das Ziel des Vorhabens. Hierfür strebt das Modellprojekt die Entwicklung von bedarfsorientierten Verfahren an, die eine frühzeitige Einbeziehung möglichst vieler zivilgesellschaftlicher Akteur_innen und ihr Zusammenwirken mit kommunalen Einrichtungen erlaubt, die in der Beratung und Betreuung von Asylsuchenden involviert sind. Es moderiert und begleitet die Überführung derartiger Verfahren in die lokale Praxis und unterstützt deren feste Etablierung im kommunalen Raum. Im Kern geht es um die Unterstützung der bestehenden, in den letzten Jahren durchaus gestärkten zivilgesellschaftlichen Strukturen. Diese werden angeregt, die Aufnahme von Geflüchtete als gesamtgesellschaftliche bzw. -kommunale Aufgabe zu begreifen und am Aufbau von lokalen Begegnungs- und Netzwerk- sowie Beratungs- und Unterstützungsstrukturen mitzuwirken. Das Projekt initiiert und moderiert diesen Prozess an ausgewählten Standorten und macht im Verlauf des Projektes die gewonnenen Erfahrungen und entwickelten Instrumente auf andere Kommunen übertragbar.
Ablauf
Das Modellprojekt wählt auf der Grundlage von Erkenntnissen des Projektträgers und in enger Abstimmung mit Kooperationspartnern zunächst drei Standorte aus, an denen eine Gemeinschaftsunterkunft in den letzten Monaten in Betrieb genommen worden war oder deren Eröffnung bevorsteht. Im Jahr 2015 waren dies die Gemeinden Nauen, Stahnsdorf und Wusterhausen/Dosse. Die Projektarbeit in diesen Standorten wendet sich an einen breiten Personenkreis, insbesondere an jene Bürger_innen, die sich ehrenamtlich in der Begleitung und Betreuung von Geflüchteten engagieren möchten oder bereits vor Ort eine Reihe von Aktivitäten entwickeln. Die Maßnahmen des Projektes sind darauf ausgerichtet, engagierte Personen, Vereine und Initiativen gezielt für die Aufgaben und Herausforderungen, die mit der Aufnahme von Geflüchteten verbunden sind, zu ertüchtigen und ihre Mitwirkung am Aufbau von lokalen Begegnungs- und Unterstützungsstrukturen zu fördern. Die Maßnahmen des Projektes bzw. Maßnahmenpakte gruppieren sich um vier inhaltliche Säulen und umfassen: 1. die Unterstützung von lokalen Initiativen der Bürger_innen sowie Förderung des Dialogs innerhalb der lokalen Bevölkerung zu Migration, Flucht und Asyl durch Einrichtung von Runden Tischen, lokalen Arbeitskreisen, Newsletter oder direkten Organisationsberatungen; 2. Bedarfs- und zielgruppengerechte Information und Schulung zu Hintergründen von Migration, Flucht und Asyl sowie zu aktuellen Strategien und Erscheinungsformen des Rechtsextremismus durch ein regelmäßiges Schulungsangebot (Entwicklung eines Überblicks- und Aufbaumoduls); 3. Beratung der örtlichen Akteure zur Aufnahme von Geflüchteten und zum Freiwilligenmanagement, insbesondere zu Beispielen aus der Praxis anderer Kommunen; 4. Förderung der Kooperation vor Ort und Vernetzung zum Aufbau und zur Entwicklung einer lokalen Willkommenskultur.
Das Projekt strebt die Stärkung und Aktivierung von lokalen Akteuren an. Aus diesem Grund soll das Projekt die unmittelbare Begleitung der Gemeinden nach und nach absenken, neue Standorte auswählen und vor dem Hintergrund der gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse die Projektarbeit an diesen fortsetzen. Ein regionaler Fachtag soll die Ergebnisse des ersten Projektjahres vorstellen.