„Fit gegen Rechts“
Erarbeitung eines neuen Konzepts für gefährdete Hauptschüler/-innen
Das Modellprojekt ist im Rahmen des Bundesprogramms „VIELFALT TUT GUT.“ im Zeitraum 2007 bis 2010 durchgeführt worden. Anlass war, dass die Berliner Hauptschule sich hilfesuchend an Gesicht Zeigen! wandte, weil einige Schüler/-innen eine rechtsextreme Orientierung entwickelten. Zudem war die NPD-Jugendorganisation im Schulumfeld aktiv. Außerdem gab es vermehrt Probleme mit rechtsextremen Eltern. Es galt, von diesem konkreten Anlass ausgehend diverse Materialien und Methoden zur Rechtsextremismusprävention zu entwickeln und direkt zu erproben. Es sollte eine gemeinsame Vision erarbeitet werden, wie der Schulalltag zum Ende des Projekts und darüber hinaus aussehen sollte. Ziel war es, den Lehrkräften selbst die Mittel und Möglichkeiten zu vermitteln, in ihrem Alltag auf Diskriminierungen einzugehen und mit den Schüler/-innen dauerhaft daran arbeiten zu können.
Ablauf
Zu Projektbeginn galt es, sich in einer ausführlichen Situationsanalyse ein Bild von der Lage vor Ort zu machen. Dazu hospitierte das Projektteam zunächst im Unterricht. Neben der intensiven Auseinandersetzung mit der Schule und deren sozialem Umfeld galt es, im Kollegium aber auch in der Schülerschaft für das Projekt zu werben. Die Projektidee wurde in der Schule präsentiert und als Auftakt ein Theaterworkshop durchgeführt, dessen Ergebnis bei der Schulweihnachtsfeier aufgeführt wurde.
Zugleich fand eine ausführliche theoretische Grundlagenarbeit zur Basis der Interventionsstrategie statt. Hierzu war neben der fachlichen Recherche vor allem die Rückkopplung mit den Projektpartnern SPI Ostkreuz und der Bundeszentrale für politische Bildung wichtig. Vorgehen, Konzeption und Evaluation des Projektes wurden abgestimmt.
Erste Zugänge zur Schule waren anfangs vor allem Projektwochen, in denen die Methoden erarbeitet wurden. Das Projektteam erarbeitete mehrere Unterrichtseinheiten, einzelne Module und neue Methoden zu gender, Ausgrenzung, Diskriminierung, Demokratie in der Schule, Partizipation und Identität. Im zweiten Förderjahr arbeitete das Projektteam alle Module im Unterricht. Im dritten Förderjahr wurde das „Identitätstagebuch“ als fester Bestandteil in der 7. Klasse eingeführt. Hier zeigte sich, dass die Vorstellung nicht funktioniert, die Module durch die Lehrer/-innen selbst durchführen zu lassen.
In der Endphase des Projekts lag der Fokus auf der Verschriftlichung der erarbeiteten Unterrichtseinheiten, -module und -themenhefte. Die Materialerstellung mündete in den Materialkoffer „Fit gegen rechts“. Gleichzeitig wurde eine Presse- bzw. ÖA-Strategie vorbereitet, um den Koffer mit seinen Inhalten auch an anderen Schulen bekannt zu machen.
Gelingensfaktoren
Eine Umstellung der Unterrichtskonzepte für eine ganze Schule kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten davon überzeugt sind. Es ist unumgänglich, dass die Direktorin bzw. der Direktor hinter dem Projekt steht und eine Verankerung im Schulalltag vorantreibt. Ferner muss das gesamte Kollegium offen sein für neue Methoden, für Kritik und Anregungen.
Es muss Überzeugungsarbeit geleistet werden, dass bei aktuellen Anlässen eine langfristige Auseinandersetzung mit den Problemen notwendig ist. Externe Problemlöser als „Feuerwehr“ können hierbei lediglich Hilfestellung bieten. Daher muss die Einsicht vorhanden sein, dass eine nachhaltige Veränderung die langjährige und engagierte Mitarbeit des Kollegiums erfordert. Die Bereitschaft muss vorhanden sein, sich über zwei Projektstunden hinaus mit der Thematik auseinander zu setzen. Ein offenes und demokratisches Klima an einer Schule ist in jedem Fall förderlich – dazu gehört das klare Bekenntnis gegen Rechtsextremismus.
Lessons Learned
In der Modellprojektphase waren ein Pädagog/-innenteam von Gesicht Zeigen! stets vor Ort und hat die Unterrichtsmodule selbst durchgeführt. Es erwies sich in der Praxis als nicht realisierbar, dass die Lehrkräfte selbst ohne Anleitung und Begleitung die Module im Unterricht verankern. Eine umfassende Schulung und Begleitung der Lehrkräfte scheint notwendig. Dies stellt eine wesentliche Schwäche des Projekts dar; daher wird der Materialkoffer auch nicht mehr nachproduziert. Zeitgleich zur Durchführung des Modellprojekts wurde das Schulsystem in Berlin reformiert, was sich ebenfalls als hinderlich erwies.