Gefangene gegen Rechtsextremismus – Ein Theaterprojekt
Das Modellprojekt führte der Förderverein JVA Holzstraße e. V. im Rahmen des Bundesprogramms „VIELFALT TUT GUT.“ durch. Im Jahr 2007 wurde unter den Insassen der JVA Wiesbaden eine zunehmende Tendenz rechtsextremer Täterprofile und rechtsextremer Einstellungen festgestellt. Die betroffenen Insassen, selbst meist aus sozial desintegrierten von Perspektivlosigkeit geprägten Milieus, neigten dazu, unter den Mithäftlingen randständige Gruppen zu definieren, diese auszugrenzen und mitunter verbal und tätlich anzugreifen. Das Gros der Zielgruppe verfügte zudem über Gewalterfahrung als Täter und Opfer. Gerade der Strafvollzug scheint als Ort für besondere Rehabilitations- und Präventionsprojekte geeignet, da er dem Erziehungsauftrag verpflichtet ist, die Insassen zur autonomen und rechtskonformen Lebensgestaltung zu befähigen. Hier setzte das Projekt an.
Ablauf
In Kooperation mit der Produktionsfirma Dechow Freie Partner wurden zwei Theaterproduktionen erarbeitet. Der Ablauf gliederte sich immer in drei Phasen: In der ersten Phase wurden Zugangskriterien geklärt, Teilnehmergruppen zusammengestellt und theaterpädagogisches Material ausgewählt. Die zweite Phase bestand aus der Umsetzung der theaterpädagogischen Arbeit. In einer dritten Phase wurden die Ergebnisse der theaterpädagogischen Arbeit mit Erfahrungen aus den Biografien der Projektteilnehmer sowie mit historischen Kontexten verschränkt.
Gelingensfaktoren
Drei Faktoren waren für die erfolgreiche Umsetzung entscheidend:
- die Freiwilligkeit der Teilnahme
- ein externer Anbieter (hier: Förderverein)
- die Kompetenz des Trägers
Für den Erfolg von Theaterarbeit in einer JVA ist die freiwillige Teilnahme der Inhaftierten notwendige Voraussetzung. Die Jugendlichen und Heranwachsenden erleben Maßnahmen der JVA als Fremdbestimmung. Für den Erfolg der Theaterarbeit ist jedoch auch unerlässlich, dass sich die Teilnehmenden als selbstbestimmt begreifen. Dies gelingt nur, wenn die Theaterarbeit nicht von der JVA und ihren Bediensteten durchgeführt wird, sondern von einem externen Träger. Wichtig ist darüber hinaus, dass die vom Träger beteiligten Personen – hier insbesondere das Theaterteam – von den Inhaftierten als kompetent angesehen werden. Für die Inhaftierten steht die Partizipation an einem erfolgreichen Theaterprojekt im Vordergrund, und weniger die Teilnahme an einer pädagogischen Maßnahme.
Lessons Learned
Die inhaftierten Jugendlichen hatten zu Beginn des Projektes keine persönliche Erfahrung mit Theater gemacht. Auch hatte Theater keinen besonders hohen Stellenwert bei ihnen.
Wichtig war es daher am Anfang, die richtigen Personen für das Projekt zu gewinnen. Aus einer heterogenen Menge an Teilnehmern musste eine Gruppe entstehen. Wichtig war es, zu Beginn der Probenarbeit klare Regeln aufzustellen in Bezug auf die Zusammenarbeit innerhalb des Teams und vor allem im Hinblick auf die Kommunikation mit den Mithäftlingen.
Schwierig war es, die Sicherheitsanforderungen der JVA und die spezifischen Anforderungen der Theaterarbeit miteinander zu vereinbaren. Hier mussten in Zusammenarbeit mit der JVA klare Vereinbarungen und Zuständigkeiten geschaffen werden.