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Critical Whiteness

Woher kommt der Begriff?

Der Begriff ‘Critical Whiteness‘ (kritisches Weißsein) geht aus dem akademischen Feld der Critical Whiteness Studies (kritische Weißseinsforschung) hervor, die in den 1980er Jahren in den USA entstanden sind und sich auf antirassistische und postkoloniale Theorietraditionen beziehen. Critical Whiteness entwickelte sich aus der Perspektive der afroamerikanischen Frauen- und Empowermentbewegung, die sich mit dem Weißsein 1(weiß steht hierbei für das innehaben einer gesellschaftliche Machtposition) aus einer Schwarzen 2(„Schwarz“ ist hierbei die Selbstbezeichnung für schwarze Menschen und Menschen mit dunkler Hautfarbe und beschreibt kein Attribut, sondern eine politische Realität und Identität. Es wird in diesem Kontext immer groß geschrieben) Perspektive beschäftigten. Dabei kritisierte sie vorherrschende Dominanz von weißen feministischen Perspektiven 3(vgl. Lück 2009: 1).

Was bedeutet der Begriff?

Critical Whiteness oder kritisches Weißsein beschreibt den Ansatz, sich seiner eigenen Privilegien auf Grund einer vorherrschenden Hautfarbe und Ethnie bewusst zu werden und die Auswirkungen dieser Privilegien zu verstehen.

Die Ansätze gehen davon aus, dass Weißsein eine andere Sicht auf die Welt mit sich bringt. Außerdem haben weiß-gelesene Menschen strukturelle Vorteile in Bezug auf ökonomische, politische, soziale und kulturelle Bereiche. Ebenso gilt Weißsein als die Norm, wohingegen Schwarze Menschen und People of Color als das „Andere“ 4(Othering) betrachtet werden. Daran knüpft die Tatsache an, dass weiße Menschen sich ihrer Privilegien, die sie aufgrund ihres Weißsein erfahren, nicht bewusst sind und die sich dadurch ergebende vorherrschende „Norm“ in der Gesellschaft für People of Color umso deutlicher macht 5(vgl. Anti Ra Wü 2019).

In der gängigen Rassismusforschung findet der Prozess des sich Bewusstwerdens über die eigenen Privilegien normalerweise umgekehrt statt. Hierbei wird beleuchtet, wieso bestimmte Gruppen von Menschen ausgegrenzt werden und welche Auswirkungen dies zur Folge hat 6(vgl. Lück 2009: 1).

Lück hat hierzu einige Thesen zum Weißsein aufgestellt:

Weißsein… :

  • ist ein soziales Konstrukt und ein unsichtbares Selbst- und Identitätskonzept
  • ist die Erfahrung, neutral und normativ zu sein, während Schwarz-Sein als “die
    Abweichung” gilt
  • bedeutet, sich nicht mit ständigen Überschreitungen der eigenen Grenzen
    auseinander setzen zu müssen (z.B. der permanenten Frage der „Herkunft“, sprich
    Zugehörigkeit zur nationalen Gemeinschaft)
  • ist das Privileg, sich in Bezug auf Rassismus sicher fühlen zu können
  • heißt, sich überall repräsentiert zu sehen. Diese Repräsentationen sind heterogen;
    Weiße werden nicht homogenisiert
  • wird mit Kompetenz assoziiert (z.B. im Beratungskontext: Weiße gelten als
    zuständig für alle Klient:innen, während Schwarze Professionelle häufig als
    ausschließlich zuständig für PoCs (Persons/people of Color) gelten 7(vgl. Lück 2009: 3).

Welche Relevanz hat „Critical Whiteness“?

Wichtig ist, dass Weißsein und Schwarzsein jeweils Auswirkungen haben und keine der beiden Zustände „unsichtbar“ sind. Jedoch gibt es einen wichtigen Unterschied: Die einen erfahren keine negative Behandlung wegen ihres Weißseins und gelten als dominant in der Gesellschaft und die anderen werden ausgegrenzt und diskriminiert durch ihre Hautfarbe und/oder ethnischen Hintergrund.

Es ist wichtig sich beider Zustände bewusst zu sein, um den „Sonderstatus“ der weißen Bevölkerung zu sehen und einzuordnen und um zu verstehen, dass sie oftmals unbewusst den vorherrschenden Rassismus fortführen und dadurch weiterhin in der Gesellschaft stabilisieren und verankern 8(vgl. Tißberger 98: 2020).

Kritische Weißseinsforschung

Erst Anfang des 21. Jahrhunderts erreichte das Thema ‚Critical Whiteness‘ in Deutschland an Bedeutung und etablierte sich Mitte der 2000er als Forschungsfeld 9(vgl. Tißberger 23: 2016). Die kritische Weißseinsforschung ist in Deutschland jedoch nach wie vor ein eher weniger ausgeprägtes Forschungsfeld, was damit begründet werden kann, dass das Hinterfragen und Auseinandersetzen mit den eigenen Privilegien oftmals auf Abwehr und Wut trifft 10(vgl. Garschagen 2015).

Als Beispiel: Im Laufe der Jahre forderten immer mehr Minderheiten eigene Selbstbezeichnungen anstatt rassistischer Fremdbezeichnungen ein. Das hatte zu Folge, dass bei vielen Menschen in der Gesellschaft Unverständnis und Empörung auftrat und sich eine Abwehrhaltung entwickelte. Dabei gelang es diesen Menschen nicht, sich selbst zu hinterfragen und zu klären, wieso sie auf diese Forderung mit einer großen Abwehr reagieren. Sie konnten ihre eigenen Privilegien nicht benennen 11(vgl. Hyatt 2015).

Das Forschungsfeld entstand durch die kritische Betrachtung der Rassismusforschung und antirassistischem Engagement. Die Kritik besteht darin, dass sich nur die Ausgrenzung und Diskriminierung von Menschen thematisiert und abgelehnt wird, dabei diese aber als das vermeintlich „Andere“ kategorisiert werden und weniger das „Weißsein“ als die Norm hinterfragt wird 12(vgl. Landkammer 2022).

Der Unterschied zwischen kritischer Weißseinsforschung und dem Antirassismusansatz

Für weiße Menschen ist es oftmals ausreichend, wenn sie sagen, dass sie nicht rassistisch sind, weil sie sich in einem rassismuskritischen Umfeld bewegen oder darin arbeiten, auf Antirassismus-Demos gehen oder besonders viele nichtweiße Freund:innen oder Bekannte haben. Damit nehmen sie sich persönlich aus dem kritischen Licht und sehen die Probleme vielmehr bei anderen Personen oder bei Institutionen und Strukturen. Dennoch sind sie persönlich nicht von Rassismus betroffen oder erfahren Ausgrenzung, unabhängig davon, wie sehr sie sich als antirassistisch bezeichnen oder verhalten. Vielmehr profitieren sie von dem strukturellen Rassismus 13 (struktureller Rassismus) innerhalb der Gesellschaft und sind, wenn auch unbewusst, Teil des Rassismusproblems 14(vgl. Tißberger 99: 2020).

Hierbei ist es wichtig, dass die Auseinandersetzung mit dem eigenen Weißsein über einzelne antirassistische Aktivitäten hinausgeht. Vielmehr sollte man sich dem eigenem Weißsein und den sich daraus ergebenden Privilegien und Ermächtigungen im Alltag bewusst werden und diese benennen 15(ebd). Solange diese jedoch ausgeblendet werden, kann keine Gleichberechtigung stattfinden.  

Was kannst du als weiße Person tun?

Als ersten Schritt solltest du begreifen, dass du weiß bist. Dies ist die Grundvoraussetzung, um zu verstehen, was es bedeutet, weiß zu sein. Wenn du diesen Schritt getan hast, kannst du reflektieren, welche gesellschaftliche Machtposition du auf Grund deines Weißseins inne hast und welche Privilegien du dadurch automatisch besitzt. Mit diesen Privilegien solltest du dich individuell auseinandersetzen und dir darüber klar werden, dass du als weiße Person vom strukturellen Rassismus in der Gesellschaft profitierst und du auf Grund dessen nicht benachteiligt oder diskriminiert wirst. Das Bewusstsein darüber ermöglicht den ersten Schritt zu mehr Gleichberechtigung und Gerechtigkeit in der Gesellschaft.

Voraussetzung für eine (erfolgreiche) kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Weißsein ist die Bereitschaft dazu.

Diese Liste von Noah Sow kann dir beim erkennen deiner Privilegien helfen

Weiße Privilegien bedeuten:

  • als Individuum betrachtet zu werden
  • als Mitglied der Bevölkerung betrachtet zu werden
  • nicht automatisch als „fremd“ bezeichnet zu werden
  • nicht rechtfertigen zu müssen, weshalb du in deinem eigenen Land leben oder weshalb du überhaupt in  deiner Farbe existierst
  • sich und deine Gruppe selbst benennen zu dürfen
  • alle Menschen, die nicht weiß sind, benennen, einteilen und kategorisieren zu dürfen
  • dass deine Anwesenheit als normal und selbstverständlich betrachtet wird
  • sich benehmen zu können, als spiele deine eigene ethnische Zugehörigkeit keine Rolle
  • jede andere Kultur nachäffen oder sich in Teilen aneignen zu können, ohne dafür von der Mehrheitskultur ausgegrenzt zu werden (ausgelacht vielleicht…ausgegrenzt aber nicht)
  • bestimmen zu dürfen, inwiefern die Errungenschaften und Meinungen aller Menschen die nicht weiß sind, relevant sind, selbst wenn diese Menschen viel gebildeter sind als man selbst
  • aufzuwachsen, ohne dass du selbst rassistisch beleidigt werden könntest (deine Familie eventuell. Du selbst nicht)
  • in der Gesellschaft, in der du dich bewegst, öffentlich anonym bleiben zu können, wenn du willst
  • in deinem eigenen Land nie darüber nachdenken zu müssen, ob Verdächtigungen oder Kontrollen vielleicht aufgrund deines „anderen ethnischen“ Aussehens erfolgen
  • von Fremden nicht über deine Herkunft und die Herkunft all deiner Vorfahren abgefragt zu werden 16(Sow 2018: 49)

Zum Weiterlesen

Quellen

Anti Ra Wü (2022): Critical Whiteness. Studierendenvertretung Universität Würzburg URL: https://www.uni-wuerzburg.de/stuv/referat-ak/gruf/critical-whiteness/#_ftnref2 (zuletzt eingesehen 19.04.2022)

Garschagen, Theresa (2015) Was ist critical Whiteness? URL: https://mediendienst-integration.de/artikel/was-ist-critical-whiteness.html (zuletzt eingesehen 26.04.2022)

Millay, Hyatt (2015): Weißsein als Privileg. Deutschlandfunk URL:  https://www.deutschlandfunk.de/critical-whiteness-weisssein-als-privileg-100.html (zuletzt eingesehen 19.04.2022)

Lück, Mitja Sabine (2009): Critical Whiteness – die kritische Reflexion weißer Privilegien als Chance für transkulturelle Teams im Frauenhauskontext URL: http://www.bildungswerkstatt-migration.de/images/bimig/mitjasabinelueck-critical+whiteness.pdf (zuletzt eingesehen 19.04.2022)

Landkammer, Nora (2022): Critical Whiteness Studies. Zhdk URL: https://www.zhdk.ch/forschung/ehemalige-forschungsinstitute-7626/iae/glossar-972/critical-whiteness-studies-3816 (zuletzt eingesehen 14.04.2022)

Sow, Noah (2018): Deutschland schwarz weiß. 10. Aufl. BoD-Books on Demand, Norderstedt

Tißberger, Martina (2016): Critical Whiteness an der Intersektion von Rassismus und Gender. In: fiph. Journal Ausgabe Nr. 28. S.24-31, URL: https://fiph.de/veroeffentlichungen/journale/cover-downloads/fiph_026_RZ_Journal_Ausgabe_28_Martina_Tissberger.pdf?m=1477661826&  (zuletzt eingesehen 20.04.2022)

Tißberger, Martina (2020) Soziale Arbeit als weißer* Raum – eine Critical Whiteness Perspektive auf die Soziale Arbeit in der postmigrantischen Gesellschaft. In: Soziale Passagen, 12, S. 95-114